Viele Lehrbetriebe haben in dieser Zeit kreative Lösungen gefunden, um ihre Lernenden in der aktuellen Krise weiterhin auszubilden und zu unterstützen. Gerade die Lernenden im 3. Lehrjahr waren seit Wochen mit Unsicherheiten konfrontiert, wie allenfalls ob sie ihre Lehre zeitgerecht abschliessen können oder ihr Abschluss gleichwertig ist wie die vorangehenden EFZ.
Seit dem 22. Mai ist nun vieles klarer. Die Verantwortlichen im Lehrbetrieb (Berufsbildner/innen, vorgesetzte Fachkräfte) beurteilen aufgrund der obligatorischen Bildungsberichte und der Entwicklung während der Ausbildungszeit die betrieblichen Kompetenzen und Leistungen der Lernenden in Bezug auf deren Arbeitsmarktfähigkeit. Die Erfahrungsnoten vom allgemeinen Unterricht, der Berufskunde und den Kompetenznachweisen fliessen gemeinsam in die Abschlussnoten ein.
Es war für alle Beteiligten, Lernenden, Ausbildenden, Experten/Expertinnen aber auch für die Mitglieder der Prüfungskommission und die Mitarbeitenden des Mittelschul- und Berufsbildungsamtes oft verwirrend und schwierig zu wissen, was in dieser Corona-Zeit gelten soll, was zu beachten und was zu entscheiden war. Niemand hatte so etwas schon einmal erlebt – niemand war auf eine so problematische Situation vorbereitet. Daher ist es interessant, einen Rückblick zu wagen, in dem Wissen, dass der ganze Prozess zu einem positiven Abschluss gelangte.
- IPA-Start am 01. März 2020: Am 16. März 2020 erklärte der Bundesrat die "ausserordentliche Lage" gemäss Epidemiegesetz. Ab diesem Zeitpunkt wurden alle Entscheidungen durch den Bundesrat gefällt. Die Bestimmungen der Qualifikationsverfahren von allen EFZ Lehrabschlüssen wurden an die OdASanté und das SBFI delegiert mit den Vorgaben, das Qualifikationsverfahren 2020 schweizweit pro berufliche Grundbildung einheitlich durchzuführen. Bis zum 13.03.2020 konnten 120 Lernende die IPA "normal" mit einer praktischen Arbeit und dem Fachgespräch durchführen.
- Die Besuchsverbote in den Institutionen verlangten nach einer Anpassung der IPA. Bis zum Prüfungsstopp durch die OdASanté ab dem 04. April beurteilten die vorgesetzten Fachkräfte (vFK) bei 176 Lernenden nur noch die praktische Arbeit. Der Praxisbesuch der Experten/Expertinnen fand per Telefongespräch mit der vFK statt. In dieser Zeit prüfte die Prüfungsleitung unterschiedliche Methoden zur Durchführung von Fachgesprächen.
- Laufend bis spätestens 24 April: Variantenwahl und Genehmigung durch das SBFI – parallel dazu Erarbeitung der Bewertungsraster für alle beruflichen Grundbildungen durch die Kantone.
- Bis Ende April:Erarbeitete Bewertungsraster wurden den nationalen OdA, den Chefexperten und den Kantonen zur Prüfung vorgelegt.
- Bis 14. Mai: Laufende Rückmeldung von Anpassungen und Korrekturen der Bewertungsraster. Diese wurden vorgenommen und den Kantonen in der neuen Version zur Freigabe zurückgemeldet.
- 15. Mai: Alle Freigaben zu den Bewertungsrastern seitens nationaler OdA’s sind erfolgt. Die Verantwortlichen im Lehrbetrieb (Berufsbildner/in, Praxisbildner/in) beurteilen aufgrund der obligatorischen Bildungsberichte und der Entwicklung während der Ausbildungszeit die betrieblichen Kompetenzen und Leistungen der Lernenden in Bezug auf deren Arbeitsmarktfähigkeit mit einem pro Beruf national einheitlichen Bewertungsraster.
- 22. Mai: Schweizweites Informationsschreiben an die verantwortlichen Berufsbildenden zum Ausfüllen der Bewertungsraster bis am 12. Juni.
- Bis spätestens Ende Juli: Die Resultate werden verarbeitet und das Resultat mit dem eidg. Fähigkeitszeugnis/dem eidg. Berufsattest und dem Notenausweis direkt den Lernenden per Post zugestellt.
Der Mensch ist von Natur aus kreativ. In normalen Zeiten bleibt dieses Potential, das in der Krise vermehrt zum Tragen kommt, oft verborgen. Wir halten gerne an der Routine fest, weil es schlichtweg anstrengender ist, etwas anderes zu machen und Unbekanntes zu entdecken. Hinter uns liegen turbulente Wochen. Wie sehr alle Beteiligten in dieser Zeit gefordert waren, zeigt der skizzierte Ablauf der Zeitspanne von März bis heute.
Dass nun doch so viele Lernende ein EFZ erhalten ist dem Engagement und der Kreativität von Lehrbetrieben und allen verantwortlichen Personen zu verdanken.
Agnes Martin, Chefexpertin IPA FaGe Kanton Zürich