Die erste interprofessionelle klinische Ausbildungsstation der Schweiz startete im Herbst 2019 am Universitätsspital Zürich. Weitere Betriebe schlossen sich an.
Lina Ryffel, Lernende FaGe im 3. Lehrjahr im Kinderspital Zürich und André Pfister, Lernender FaGe ebenfalls im 3. Lehrjahr im Kantonsspital Winterthur, konnten während vier Wochen intensive Lernerfahrungen auf der ZIPAS machen. Im Interview erzählen sie von ihren Erlebnissen:
Wie kam es dazu, dass Sie auf der ZIPAS eingesetzt wurde?
André: Durch die Projektleiterin der ZIPAS im Kantonsspital Winterthur wurde ich angefragt, ob ich Interesse an einer Teilnahme hätte. Es hat mich sehr gefreut und deshalb sagte ich sofort zu.
Wie erlebten Sie den Einsatz?
Lina: Als sehr anspruchsvoll, da es für alle Beteiligten neu war. Auch die interprofessionellen Sequenzen benötigten Zeit (Austausch, Reflexionen etc.). Doch es war sehr lehrreich die anderen Professionen zu erleben und zu erfahren, welche Aufgaben sie haben. Es war mir z.B. nicht bewusst, wie viele Berichte die Ärzte/Ärztinnen schreiben müssen.
Ich erlebte die Teamarbeit als sehr gut, fühlte mich sehr respektiert und traute mich auch als FaGe-Lernende Probleme anzusprechen.
Gibt es Unterschiede im Lernen auf ZIPAS und der Normalstation?
Lina: ZIPAS ermöglicht es, dass man wirklich voneinander und „als Team" lernen kann. Alle erhielten wertvolle Inputs. Das gemeinsame Stationszimmer diente als „Lernort“. Grundsätzlich erlebte ich den Tag als schnelllebig und effizient in den Abläufen.
André: Ja, es verändert das Denken, Planen und Handeln. Meine Arbeitsweise wurde effektiver und meine Handlungsschritte mehr durchdacht.
Welche Herausforderungen mussten Sie bewältigen?
Lina: Alle Studierenden und Lernenden waren noch relativ neu auf der Station. Dadurch waren ihre Fachkenntnisse noch nicht gefestigt. Die eigene Rolle in der ZIPAS zu finden, beanspruchte Zeit, ging aber von Woche zu Woche besser. Sehr aufschlussreich waren die gemeinsamen Reflexionen und Absprachen, welche aber zusätzlich zeitliche Ressourcen forderten.
André: Man ist auf sich allein gestellt, da keine enge Begleitung da ist, welche führt und kontrolliert. Ich musste lernen, Zeitfenster frei zu schaufeln und Arbeiten zu delegieren, um bei Rapporten oder Handlungen von anderen Professionen teilnehmen zu können. Die Zeit war oftmals knapp, da Reflexionen und Absprachen mehr Zeit in Anspruch nahmen.
Wie verhielten sich die Facilitatoren, welche die Auszubildende im Lernen und Arbeiten begleiteten?
Lina: Am Anfang waren sie eher zurückhaltend und blieben im Hintergrund, trotzdem waren sie präsent. Sie benötigten etwas Zeit sich in ihre Rolle einzufinden und um zu entscheiden, wann und wie sie eingreifen sollten. Mit der Zeit hat sich dies aber gut eingespielt.
Wie reagierten die Patienten auf diese neue Art von Ausbildungsstation?
Lina: Die Patient:innen und Eltern waren mehrheitlich sehr zufrieden, da sie die interprofessionelle Zusammenarbeit als effizient erlebten. Sie fühlten sich sehr gut wahrgenommen. Dadurch haben wir viele spontane positive Feedbacks erhalten, was uns sehr freute.
André: Ich hörte von keinem einzigen Patienten, dass sie realisiert haben, dass wir Lernende und Studierende waren. Zu den betreuten Patient:innen waren die Beziehungen sogar tiefer und professioneller. Dies meldeten auch die Patient:innen sehr positiv zurück.
Würden Sie sich einen längeren Einsatz auf der ZIPAS wünschen?
André: Die Dauer von vier Wochen war aus meiner Sicht genau richtig. Man saugt so vieles auf, dass man gar nicht mehr aufhören möchte, daran teilzunehmen. Doch nach vier Wochen war ich müde von den herausfordernden Arbeitstagen und kräftezehrenden Situationen.
Lina: Vier Wochen ist ein guter Zeitrahmen, da es anspruchsvoll und lehrreich zugleich ist.
Sollte diese Art von Ausbildungsstation vermehrt in der Ausbildung eingesetzt werden?
Lina: Ja, denn es tut allen gut, da man viel voneinander lernt und Einblick in die Aufgaben der anderen Professionen erhält. Der gegenseitige Respekt in Bezug auf die Leistungen ist gross. Ich habe auch begonnen meine eigenen Stereotypien im Hinblick auf andere Professionen zu hinterfragen. Und das hält auch jetzt, Monate nach meinem Einsatz auf der ZIPAS noch an.
André: Die ZIPAS ermöglicht enorm viele Lernsituationen und lehrreiche Momente, das dieses Projekt unbedingt häufiger in der Ausbildung angewendet werden sollte. Nicht nur die Fähigkeiten als FaGe vertieften sich, sondern es wird auch das Verständnis für andere Professionen sensibilisiert. Auf dieses Verständnis kann ich heute noch zurückgreifen und es hilft mir in der interprofessionellen Zusammenarbeit.